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Internet 2000 - Trends und Perspektiven (LABO 08/1998)

Torsten Beyer, Dr. Beyer Internet-Beratung

Die globalen Datenautobahnen des Internets haben in nur wenigen Jahren die Kommunikation sowie die Informationsbeschaffung und -verteilung revolutioniert. Diese Entwicklung steht aber noch am Anfang und wird zukünftig weitreichende Auswirkungen auf alle Bereiche des täglichen Lebens haben.

Der vorliegende Beitrag beschreibt Chancen und Risiken der neuen Informationstechnologien und gibt einen Vorgeschmack auf deren Nutzungs- und Innovationspotential in der Informationsgesellschaft des 21. Jahrhunderts.

Der Siegeszug des Internets in den vergangenen 5 Jahren hat folgende Ursachen:

  • Mit einem sogenannten Browser (z.B. Netscape Navigator) steht auf nahezu jeder beliebigen Rechnerplattform ein einfach zu bedienendes und in der Regel kostenloses Interface zur Nutzung von Internet-Diensten zur Verfügung.
  • Im Internet ist sehr leicht eine Kombination aus Text, Bild, Ton, Video und Interaktion möglich.
  • Das Internet ist ein globales Medium, das rund um die Uhr einen sehr einfachen und schnellen Datenaustausch ermöglicht.
  • Das Internet ist ein ideales und preiswertes Marketing-Instrument.
  • Das Internet ist offen für jedermann, der etwas mitzuteilen hat.

Schon in den nächsten Jahren werden sich in vielen Bereichen weitere radikale Veränderungen durch den Einsatz von Internet-Technologien ergeben, die im folgenden kurz umrissen werden:


Kommunikation

Kommunikation über das Internet bedeutet heute noch hauptsächlich den Austausch von elektronischen Briefen (e-mail). Auf diesem Wege können Empfänger in allen Ländern der Welt in wenigen Minuten oder selbst bei schlechter Netzinfrastruktur spätestens in einigen Stunden erreicht werden. Die einzigen Voraussetzungen sind ein Online-Zugang und eine eigene Mail-Adresse, die man über einen Provider oder von vielen Anbietern im Internet auch kostenlos erhält. Vorteilhaft ist weiterhin, daß man die elektronische Post auch von unterwegs abrufen kann und daß sich die Adresse auch bei einem Umzug nicht zwangsläufig ändert, es sei denn, man wechselt den Provider.

Neuere Entwicklungen wie der Austausch von Video-Mails und das Abhalten von Videokonferenzen mit beliebig vielen Teilnehmern weltweit werden in den nächsten Jahren zunehmend an Bedeutung gewinnen.

Sehr interessant sind auch die Tendenzen, den Telefon- und Faxverkehr teilweise ins Internet zu verlagern. Man kann so weltweit zum Ortstarif von PC zu PC, inzwischen aber auch von PC zu Telefon und sogar von Telefon zu Telefon über das Internet kommunizieren, wenn momentan auch die Qualität solcher Verbindungen noch verbesserungswürdig ist. Hier stehen aber die ersten kommerziellen Produkte kurz vor der Marktreife.

Eine Spielerei ist das sogenannte "Chatten". Dabei handelt es sich um globale Diskussionsforen und Gesprächsrunden zu allen erdenklichen Bereichen des täglichen Lebens, in die sich jeder einklinken und in Echtzeit mitreden kann. Diese Art der Kommunikation ist insbesondere bei jüngeren Nutzern zur Zeit absolut "In".

Auch Radiohören und Fernsehen ist zum Teil schon möglich bzw. wird bald möglich sein, die Hauptprobleme liegen hier aber in der zu langsamen Datenübertragung für derart netzintensive Anwendungen.

Unverkennbar im Bereich der Kommunikation via Internet ist eine Tendenz zur Verschmelzung unterschiedlicher Medien wie Telefon, Fax, Fernsehen, Radio unter einer gemeinsamen Benutzeroberfläche. Außerdem wird es in Zukunft durch den Einsatz von Videokonferenzen einen geringeren Bedarf an Geschäftsreisen geben und der Ort der eigenen Arbeitsstätte wird immer unwichtiger werden (Stichwort Home-Office).


Informationsbeschaffung

Die Informationsrecherche im Internet wird wegen der explosionsartig steigenden Zahl von Internet-Seiten (ca. 320 Millionen!) immer schwieriger, ja sogar fast unmöglich. Dies liegt zum einen daran, daß über die großen Suchmaschinen wie AltaVista und HotBot nur noch 1/3 der vorhandenen Seiten gefunden werden (kostenpflichtige Seiten und Datenbankinhalte sind hier noch gar nicht mitgerechnet!). Auch der Einsatz sogenannter Meta-Suchmaschinen (diese Systeme fragen mehrere Suchmaschinen mit der gleichen Suchanfrage ab) schafft hier kaum Abhilfe. Da es kein zentrales "Internet-Archiv" gibt und auch nie geben kann, weil es ständig veraltet wäre, kann die Lösung nur heißen, daß es spezielle Suchmaschinen, Linksammlungen, Marktplätze sowie regionale Dienste zu allen erdenklichen Themen geben wird. Ein anderer Ansatz wird mit sogenannten Push-Technologien oder Channels verfolgt. Dabei recherchiert der Nutzer nicht selbst, sondern erhält selektierte Nachrichten zu bestimmten Themen von verschiedenen Anbietern wie z.B. Tageszeitungen, Online-Diensten oder Firmen in Form von e-mails. Diese relativ bequeme Art der Informationsbeschaffung ("Push" statt "Pull") birgt allerdings die Gefahr der Manipulation und einseitigen Berichterstattung und steht zur Zeit u.a. deswegen in der Diskussion.

Die Problematik der Beschaffung relevanter Informationen aus dem Internet und in Tausenden von kommerziellen Datenbanken wird in den nächsten Jahren vermehrt dazu führen, daß sogenannte Infobroker Auftragsrecherchen durchführen werden. Weiterhin ist eine Tendenz zu mehr kostenpflichtigen Angeboten im Internet unverkennbar, wenn die Problematik der Zahlungsabwicklung erst gelöst sein wird.


Online-Marketing und -Handel

Immer mehr Unternehmen präsentieren sich und Ihre Dienstleistungen auf einer eigenen Homepage im Internet. In einigen Jahren werden die meisten Unternehmen im Netz präsent sein, sei es der globale Weltkonzern oder der Pizzadienst um die Ecke. Denn das Internet ist ein sehr preisgünstiges Marketing-Instrument und bietet ungeahnte Möglichkeiten hinsichtlich individueller Kundenbetreuung und Marktforschung. Viele Unternehmen zögern aber noch mit dem Einstieg ins Internet, da sie sich den Möglichkeiten noch gar nicht bewusst sind, die dieses Medium als Informations- und Werbeinstrument bietet. Hier ist erst dann eine Besserung in Sicht, wenn mehr Menschen und damit potentielle Kunden via Internet erreicht werden können. Firmen sollten sich aber möglichst schnell Ihre Internet-Adresse (eine sogenannte Domain wie z.B. www.firmenname.de) sichern, um unter dem eigenen Namen auftreten zu können und langwierigen Rechtsstreitigkeiten aus dem Wege zu gehen. Denn wer zuerst kommt, hat die Domain erst einmal, und die Chance, die gewünschte Adresse doch noch zu bekommen, ist wegen der unübersichtlichen Rechtslage relativ schwierig.

Der Online-Handel steckt momentan noch in den Kinderschuhen, vor allem wegen der fehlenden Standards für die Abwicklung von Geldgeschäften im Internet. Diesem Bereich werden jedoch Milliardenumsätze schon in den nächsten Jahren prognostiziert. Bestimmte Branchen wie der Versand- und Buchhandel verzeichnen schon jetzt nennenswerte Umsätze über das Internet, aber auch für andere Branchen bietet sich hier in den nächsten Jahren ein gewaltiges Potential. Dazu müssen die Online-Shops aber weitaus komfortabler in der Bedienung werden als dies heute zumeist noch der Fall ist. Außerdem muß für sowohl für den Kunden als auch für die Händler eine akzeptable und sichere Zahlungsform etabliert werden, die einfach und transparent aber auch sicher ist. Denn gerade in Deutschland besteht noch keine Akzeptanz von Kreditkartenzahlungen über das Internet im Gegensatz zu den USA. Momentan gibt es mehr als ein Dutzend Abrechnungsmodelle (Rechnung, Nachnahme, Kreditkarte, Geldkarte, elektronische Lastschrift, ECash, Micropayment usw.), die für den Nutzer oft gar nicht zu durchschauen sind und er deswegen lieber den konventionellen Weg in ein "reales" Geschäft wählt. Es ist auch wenig benutzerfreundlich, wenn Bestellungen bei drei Online-Händlern auf drei verschiedene Arten abgewickelt werden. E-Commerce wird sich erst dann durchsetzen, wenn es einen oder einige wenige Standards gibt, die weltweit gültig und akzeptiert sind. Proprietäre Systeme werden über lange Sicht im globalen Wettbewerb kaum eine Chance haben.


Internet-Zugang und Kosten

Im Moment verfügen in Deutschland ca. 6 Millionen Menschen über einen Internet-Anschluss. Da dies aber noch weniger als 10% der Gesamt-Bevölkerung in Deutschland sind, zumeist mit höherem Bildungsabschluss, sind viele kleinere und mittelständige Unternehmen immer noch zurückhaltend, was eine eigene Homepage im Internet betrifft. Die Kosten für eine eigene Webpräsenz sind hier nicht das ausschlaggebende Argument - die liegen deutlich unter den Preisen für Print-Werbung, zudem bestehen online ganz andere Möglichkeiten des Marketing - vielmehr besteht die Befürchtung, daß zur Zeit die Kunden noch nicht in ausreichendem Maße via Internet erreicht werden können.

Die Zahl der Internet-Nutzer wächst zwar stetig, der Haupthinderungsgrund für eine flächendeckende Verbreitung liegt aber momentan darin, daß der Online-Zugang überwiegend über einen Personal Computer erfolgt. Es werden aber zur Zeit Systeme entwickelt, die einen Internet-Zugang auch über Mobil-Telefon oder das Fernsehgerät ermöglichen. Wenn diese Produkte zu relativ günstigen Preisen angeboten werden oder in neuen Geräten bereits eingebaut sind, wird dies die Verbreitung des Internet auch in den vielen Haushalten ohne gehobene EDV-Ausstattung sehr fördern.

Problematisch sind im Moment noch die oftmals zu langsamen Zugriffszeiten, da der Internet-Verkehr weitgehend über das analoge Telefonnetz erfolgt. Besserung versprechen hier ISDN oder das neue System ADSL (50-facher Datendurchsatz gegenüber ISDN!), sowie Zugänge über das Strom- und Kabelfernsehnetz oder via Satellit, die zur Zeit erprobt werden.

Die Kosten für den Online-Zugang werden in den nächsten Jahren drastisch sinken oder vielleicht sogar ganz verschwinden. Die Finanzierung des Internet wird über Werbung und kostenpflichtige Seiten erfolgen, wenn die Abrechnungsverfahren global angeglichen und auch allgemein akzeptiert sind. Hier liegt aber auch die ganz große Gefahr: Wenn in Zukunft für den Abruf von Seiten Gebühren erhoben werden, wird dafür sicherlich die Akzeptanz bei der Netzgemeinde fehlen und der Boom des Internet könnte schnell erlahmen (als Beispiel sei hier das BTX-System der Telekom erwähnt).


Probleme

Das unkontrollierte Wachstum des Internet hat auch einige Probleme mit sich gebracht. Zum einen hat dessen demokratische und chaotische Struktur mittlerweile dazu geführt, daß Informationen immer schwerer oder gar nicht mehr auffindbar sind. Es gibt auch kein zentrales Archiv, so daß alle Informationen auf Homepages, die nicht mehr existieren oder gelöscht werden, unwiederbringlich verloren sind. Zum anderen sind die globalen Datenautobahnen wegen der ständig steigenden Nutzerzahlen und der immer aufwendigeren Applikationen, man denke nur an die Telefonie oder die Übertragung von Videos über das Internet, zunehmend verstopft.

Außerdem droht die Informationsgesellschaft des 21. Jahrhunderts in 2 Klassen zu zerfallen. Es bleiben die außen vor, die kein Englisch verstehen und die nicht über eine vernünftige Netz-Infrastruktur verfügen. Diese Entwicklung ist nur dann aufzuhalten, wenn der globale Datenverkehr nicht mehr allein über das Telefonnetz abgewickelt wird und wenn die schon vorhandene Software zur simultanen Übersetzung von Web-Dokumenten weiter verbessert wird. Die Suchmaschine AltaVista (http://www.altavista.digital.com) bietet beispielsweise eine Online-Übersetzung, die Resultate sind aber noch stark verbesserungswürdig.

Weitere Probleme wie die unterschiedliche rechtliche Situation (Was in einem Land erlaubt ist, kann in anderen strafbar sein!), die zunehmende Online-Kriminalität oder die Besteuerung von Geldgeschäften über das Internet können und müssen global gelöst werden, da das Internet nicht an Landesgrenzen halt macht. Eine weitere offene Frage ist der Schutz persönlicher Daten im Internet, da alle Aktionen im Internet in sogenannten Log-Files aufgezeichnet werden und es ohne große Probleme möglich ist, Nutzerprofile abzulegen. Hier ist auch der Gesetzgeber gefragt, die Anonymität und die Privatsphäre jedes einzelnen zu schützen.


Fazit

Trotz einiger noch bestehender Probleme ist der Siegeszug der Internet-Technologien nicht aufzuhalten, da Sie vieles vereinfachen und beschleunigen. Die Hauptaufgaben der nächsten Jahre wird in der Verbesserung der Qualität der Daten und des (geschäftlichen) Nutzen in Verbindung mit der Etablierung akzeptierter Zahlungsverfahren und einer einheitlichen rechtlichen Struktur liegen. Ein effizienter Umgang mit dem Medium Internet setzt aber die auch gezielte Weiterbildung der Mitarbeiter in den Unternehmen und der heranwachsenden Generation voraus, da Kenntnisse in diesem Bereich schon bald genauso selbstverständlich wie der Umgang mit PC sein werden. Wer mit den Möglichkeiten des Internets vertraut ist, hat heute schon in einigen Bereichen bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt und auch Firmen können sich Wettbewerbsvorteile gegenüber konkurrierenden Unternehmen verschaffen.

Ob sich die hochgesteckten Erwartungen und Prognosen allerdings schon in den nächsten Jahren erfüllen werden und wie viele neue Arbeitsplätze entstehen werden, wird die Zukunft zeigen.