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www.go.to/web - Neue Wege aus der Adressenknappheit (LABO 10/2001)

Dr. Torsten Beyer, Dr. Beyer Internet-Beratung


Sie kennen Tuvalu nicht? Sie wissen nicht wo Tonga liegt oder Sie haben noch nie etwas von Vanuatu und Niue gehört? Ihnen ist unbekannt, wie Länder wie Armenien sowie Antigua und Barbuda plötzlich am Internet-Hype verdienen? Dann sollten Sie weiterlesen, denn im Zeitalter des Internet ist der Handel mit Länderdomains wie beispielsweise „tv", „to", „vu", „nu", „am" oder „ag" ein lukratives Geschäft geworden.

Die Adressknappheit im Internet treibt in letzter Zeit immer seltsamere Blüten. Daran ändert auch die Einführung der neuen Top-Level-Domains wie „.info" oder „.biz" wenig, die kürzlich angelaufen ist. Alleine in Deutschland werden pro Tag zwischen 5.000 und 10.000 Domains mit der Endung „.de" reserviert, in Kürze werden es insgesamt 5 Millionen sein. Im internationalen Vergleich ist das aber immer noch wenig, denn weltweit sind über 100 Millionen Domains registriert, wobei „.com" mit knapp 40 Millionen Registrierungen mit Abstand führend ist.

Im Folgenden wird daher von einigen exotischen Adressen die Rede sein, die für all diejenigen ein Rettungsanker sein können, deren gewünschte Adresse "www.firmenname.de" oder "www.firmenname.com" schon vergeben ist oder die einfach nur eine coole und preiswerte Webadresse suchen, um Freunden oder Bekannten zu imponieren.

Für Aktiengesellschaften ist beispielsweise die Domain „.ag" interessant, die eigentlich Antigua und Barbuda repräsentieren soll. Man findet beispielsweise die Firma Bayer neben der Adresse www.bayer.com auch unter www.bayer.ag.

Radiostationen und Mobilfunkanbieter können sich die Länderdomains „.am" (Armenien") oder „.fm" (Mikronesien) sichern. So findet man unter www.oldie.fm einen Radiosender, der Oldies der 60er, 70er und 80er-Jahre spielt. Die Abkürzungen AM (Amplitudenmodulation) und FM (Frequenzmodulation) sind sicher allen Lesern geläufig, finden sie sich doch auf jedem Radioempfänger.

Clevere Marketing-Strategen versuchen schon seit einiger Zeit, die Domain ."cc" der Kokosinseln weltweit zu vermarkten, wobei das Kürzel „cc" für Content und Commerce stehen soll. So findet man beispielsweise den Online-Buchhändler Libro unter www.lion.cc.

Die Vergaberechte der Domain „.ws", die für das Land West-Samoa steht, hat sich ein amerikanisches Unternehmen gesichert. Dieses Kürzel wird als neue „WebSite"-Domain angepriesen und ist ein aktueller Geheimtipp, da momentan noch viele einprägsame Adressen frei sind. Die Domains „labor.ws" oder „chemie.ws" sind allerdings schon vergeben.

Ein weiteres amerikanisches Unternehmen will die Domain „.la", die ursprünglich für das asiatische Land Laos steht, zukünftig für Unternehmen im Raum LA (Los Angeles) verkaufen, hier laufen die Verhandlungen allerdings noch.

Den Vogel schießt sicherlich die Inselrepublik Tuvalu mit der Domain „.tv" ab. Das seit 22 Jahren von Australien unabhängige Atoll im Südpazifik mit knapp 10.000 Einwohnern hat die Vergabe der für Fernsehstationen weltweit lukrative Domain (zum Beispiel findet man CNN auch unter www.cnn.tv) an das amerikanische Unternehmen dotTV Corp. verkauft. Diese Deal sichert dem bislang vollkommen unbekannten Land in den nächsten 10 Jahren ungefähr 50 Millionen US-Dollar, was bei gerechter Verteilung 5.000 Dollar für jeden Einwohner bedeuten würde. Die plötzliche Publicity führte kürzlich sogar zur Aufnahme des Zwergstaates in die Vereinten Nationen und den Commonwealth.

Als Goldgrube könnte sich zukünftig auch das Domainkürzel von Kolumbien erweisen, denn „.co" wäre für alle Unternehmen interessant, die bei der Vergabe entsprechender „.com"-Domains zu spät gekommen sind. Momentan wird diese Domain aber noch nicht außerhalb von Kolumbien verkauft.

Ein weiterer Trick, um zu einer eleganten Webadresse zu kommen, besteht in der Reservierung von selbstsprechenden Adressen, wobei das Länderkürzel in den Namen integriert wird. Ein deutscher Anbieter hatte hier beispielsweise mit Reservierung der Adresse "www.raba.tt" sicher eine gute Idee. Die Domain „.tt" steht dabei eigentlich für den Karibikstaat Trinidad & Tobago. Oder in der Schweiz findet man unter  www.sear.ch  ein Verzeichnis von Suchmaschinen. Auf die Idee unter „www.kapu.tt" einen Reparaturservice anzubieten, ist bislang noch niemand gekommen, dies ist aber sicher nur eine Frage der Zeit...

Auch für Privatpersonen gibt es einige nette Adressen, die selbst Fachleute in Erstaunen versetzen können, es handelt sich aber immer nur um exotische Länderdomains. Wie wäre es beispielsweise mit einer Homepage-Adresse "torsten.beyer.i.am" und einer zugehörigen Mailadresse Torsten.Beyer@i.am? Beides können sie für ein paar Mark jährlich in Armenien bekommen, denn „.am" ist das Länderkürzel der ehemaligen russischen Teilrepublik. Als cool gelten auch Adressen der Form "name.de.vu" oder "name.de.nu", wobei „.vu" für Vanuatu und „.nu" für Niue steht, die kostenlos erhältlich sind. Da „nu" im englischen wie „new" gesprochen wird, soll diese Domain etwas Neues repräsentieren. Beide Länder dürften nur absoluten Geographie-Experten bekannt sein, handelt es sich doch bei Vanuatu um eine Kette aus 80 Inseln im südwestlichen Teil des Pazifik 2250 km östlich von Sydney und bei Niue um eine Insel im Südteil des Stillen Ozeans, zwei Flugstunden von Neuseeland und 480 km von ihrem nächsten Nachbarn, der Insel Tonga, entfernt. Diese wiederum besitzt das Länderkürzel „.to", das zum Beispiel für Adressen wie „go.to", „come.to" oder „fly.to" missbraucht wird. Interessenten können sich hier kostenlos eine Adresse „come.to/torsten-beyer" mit ihrem Namen reservieren und auf eine andere Homepage umleiten. So liefert der Link http://fly.to/teneriffa zum Beispiel eine Informationsseite zur gleichnamigen Kanareninsel.

Bei allem Schmunzeln darf man allerdings nicht vergessen, dass diese Zweckentfremdung von Domainnamen eigentlich der Idee widerspricht, dass man anhand der Adresse erkennen soll, in welchem Land man sich eigentlich befindet. In Deutschland sind solche Spielereien wie in diesem Beitrag beschrieben wurden auch nicht möglich, denn eine „.de"-Domain bekommen nur deutsche Staatsbürger oder Firmen, die einen Sitz in unserem Land haben. Andere Länder haben den Handel mit Adressen aber als lukrative Devisenquelle entdeckt bzw. haben die Vergaberechte wie Tuvalu gleich ganz verkauft, denn der Bedarf der Einheimischen an Web-Adressen dürfte dort eher gering sein.

Wer auf der Suche nach dem goldenen Kalb ist oder vielleicht weitere interessante Ideen hat, der sollte die Liste der momentan 244 vergebenen Länderdomains einmal genau unter die Lupe nehmen, die von „.ad" (Andorra) bis „.zw" (Zimbabwe) reicht. Diese wurden in der ISO-Norm 3166 festgelegt und sind auf vielen Seiten im Internet zu finden (z.B. https://de.wikipedia.org/wiki/ISO-3166-1-Kodierliste).

In Tabelle 1 sind die hier vorgestellten Länderdomains und ihre Einsatzmöglichkeiten noch einmal zusammengefasst.

Fazit: Der Fall „Tuvalu" zeigt wieder einmal eindrucksvoll, dass im Internet prinzipiell nichts unmöglich ist...


Land Domain-Kürzel Einsatzmöglichkeiten
Antigua und Barbuda .ag Aktiengesellschaften
Tuvalu .tv Fernsehstationen
Armenien .am Radio, Funk, Privatpersonen
Mikronesien .fm Radio, Funk
Cocos Islands .cc Dienstleister, Firmen (bedeutet: Content, Commerce)
West-Samoa .ws jedermann (bedeutet WebSite)
Vanuatu .vu Privatpersonen (z.B. Adressen der Form nama.de.vu)
Niue .nu Privatpersonen (z.B. Adressen der Form name.de.nu)
Tonga .to Privatpersonen, Firmen

Tabelle 1: Domainkürzel und ihre Einsatzmöglichkeiten